Delpech

Claude Delpech & und Delphine Gérard (Frankreich)

Vorsitzende der AFSI[1] und Psychologin

 

Achtung : induzierte falsche Erinnerungen

 

Unserer Vereinigung AFSI, die im Juli 2005 gegründet wurde, gehören mehr als zweihundert Familien an, deren erwachsene Kinder ihre Eltern ungerecht der Misshandlung oder des sexuellen Missbrauchs während ihrer frühen Kindheit anklagen, eines Missbrauchs, an den sie sich früher nicht erinnerten und den sie zwanzig, dreißig, ja sogar vierzig Jahre später im Laufe von oder nach Sitzungen, die „Therapien“ genannt wurden, „entdeckten“, auf Grund der Suche nach Erinnerungen aus der frühen Kindheit, die sie zu diesen Verleumdungen verleitet haben und die zu einem sofortigen Bruch mit ihrer Familie führten.

 

Jede Familie hat eine andere Geschichte, aber die Technik ist bei allen abwegigen und oft selbsternannten Therapeuten dieselbe, die die Macht ihrer Suggestion benützen, um durch verschiedene Techniken der mentalen Manipulation bei ihren Patienten bzw. Klienten Missbräuche des Inzests oder der Misshandlung „in Erinnerung zu bringen“ und ihnen dadurch eine schwere psychologische Störung zufügen.

 

Dies nennen wir das Syndrom der Induzierten falschen Erinnerungen

 

Die Technik der falschen Erinnerungen kann auf zweierlei Weise praktiziert werden:

 

–         von einer Gruppe mit einem Leiter, einer Doktrin, also einer Sekte

–         von einem individuellen Therapeuten, der die Technik des wieder gefundenen Gedächtnisses praktiziert

 

In diesen beiden Fällen handelt es sich um mentale Manipulation.

 

Zu Beginn unserer Arbeit mit dem Sektenphänomen haben wir die Induzierung von Erinnerungen als Technik der mentalen Manipulation innerhalb bestimmter Sekten beobachtet. Später haben wir dann in größerem Zusammenhang bemerkt, dass bestimmte Praktiken von Psychologen, Psychiatern, Psychotherapeuten und anderen zur Erzeugung falscher Erinnerungen führen konnten. Das Phänomen geht daher weit über das Sektenproblem hinaus.

 

Um diese Techniken zu beschreiben, können wir verschiedene Methoden unterscheiden: die manuellen Methoden der energetischen Behandlung, die mit Massagen verbunden sind, die intensiven und systematischen psychotherapeutischen Methoden, die psychologische Probleme und Krankheiten gründlich beseitigen, und die Methoden in Therapien, die verschiedene Zugänge benutzen wie zum Beispiel den transgenerationellen.

 

Alle diese Heilmethoden beruhen auf den folgenden gemeinsamen Postulaten:

 

  • Das Individuum wird in einer globalen körperlichen, gefühlsmäßigen, vibratorischen und mentalen Vision betrachtet.

 

  • Die Mehrzahl der körperlichen oder mentalen Krankheiten hat als Ursache gewaltsame emotionelle Schocks in der Kindheit. Es handelt sich um Traumata, die in den Körper eingeschrieben sind.
  • Indem man das wieder findet, was verborgen war, wird man geheilt.

Ausgehend von diesen Postulaten ergeben sich:

theoretische Grundsätze, die wir folgendermaßen zusammenfassen können: diese Therapien beruhen auf dem Glauben, dass jede Erinnerung ein Stück der realen Geschichte des Patienten ist. Die im Gedächtnis gespeicherte Erinnerung ist ein statisches und unveränderbares Bild des Realen. Da nun jede Erinnerung als Abbild einer historischen Tatsache betrachtet wird, veranlasst der Therapeut dank bestimmter Techniken den Patienten, „in die Vergangenheit zurückzukehren, um Heilung zu finden“. Die Psyche und der Körper sind hier als Aufbewahrungsort authentischer Erinnerungen gedacht. Um vergangene Traumata zu heilen, das wahre Ziel aller dieser Therapien, besteht die therapeutische Arbeit darin, sich in erster Linie auf die Erinnerungen und die Träume zu konzentrieren. Und diese werden ohne weiteres vom Therapeuten interpretiert. Die Interpretation darf nicht in Zweifel gezogen werden, sie bedeutet höhere Wahrheit.

Techniken: alle Arten von psychotherapeutischen Techniken ebenso wie so genannte neue Methoden, die von ehrgeizigen Gründern geschaffen wurden, können praktiziert werden. Wir haben diese Methoden im Bericht der MIVILUDES[2] von 2007 beschrieben. Sehr schematisch beruhen alle diese Techniken auf der Idee, dass der Körper nicht lügt. Alles ist hineingeschrieben. Man muss es also entziffern. So werden, um eine tiefe Entspannung hervorzurufen, um das Hervorkommen der Erinnerungen aus dem Körper zu begünstigen, verschiedene psychosomatische Techniken wie Massagen, Entspannung, Auflegen der Hände, energetische Behandlungen und Atemübungen angewandt. Dadurch wird die Traumatisierung der Kindheit aufgefunden und durch den Therapeuten interpretiert. Dann vervollständigen Techniken, die zur transgenerationellen Analyse oder zur Psychogenealogie gehören, das psychotherapeutische Vorgehen. „Die ganze Genealogie ist krank und zur Wiederholung verurteilt. Man muss daher mit seiner Familie brechen, um sich zu befreien“.

Schlussfolgerung: Alle Methoden, die diese Grundpostulate und theoretischen Prinzipien haben, maximieren die Wahrscheinlichkeit, Erinnerungen zu induzieren. Daher muss, um keine falschen Erinnerungen zu induzieren oder zu ihrer Erzeugung zu führen, die Praxis des Therapeuten genau und neutral sein. Seine Berufsethik und seine persönlichen Qualitäten wie Diskretion und Vorsicht sind bei der Begleitung des Patienten entscheidend.

Unsere Vereinigung hat zum Ziel:

 

–         die Familien in Not gut aufzunehmen

–         sie anzuhören

–         sie zu informieren

–         ihnen Dokumentation über abwegige Praktiken zu übergeben

–         bei den zuständigen Behörden die Praktiken abwegiger Therapeuten anzuprangern.

 

Im März 2006 bei der Tagung der FECRIS in Brüssel haben wir unsere ganz neue Vereinigung vorgestellt. Seitdem haben sich die Dinge entwickelt.

 

Wir sind seit April 2006 mit dem Erscheinen des Berichts der Miviludes bekannt geworden, der über AFSI und die falschen Erinnerungen berichtete …“als eine Form abwegiger Psychoanalyse…“.

 

Der Vorsitzende der Miviludes hat seit unserem Treffen einige Monate vorher das Leid der in Not geratenen Eltern verstanden.

 

Seit diesem Datum wurden wir von den Behörden gehört.

 

Im September 2006 wurde die AFSI in der Nationalversammlung durch die Parlamentarische Enquetekommission bezüglich des Einflusses sektiererischer Bewegungen und die Folgen ihrer Praktiken auf die körperliche und mentale Gesundheit Minderjähriger angehört. Wir haben die Mitglieder dieser Kommission vor den Schäden gewarnt, die von abwegigen selbsternannten und oft psychosektoiden Therapeuten hervorgerufen werden, die ihre Opfer psychisch zerstören und zugleich finanziell zugrunde richten

 

Seit dieser Anhörung haben sich uns mehr als hundert Familien angeschlossen.

 

 Nachdem wir alle diese Familien angehört haben, die aus allen Richtungen kamen, haben wir eine Analyse der Opfer der abwegigen Therapeuten vorgenommen.

 

                                                                            Opfer                                                                             

 

Durchschnittliches Alter33 Jahre
Frauen79 %
Männer21 %

 

                                                                          Herkunft

 

Paris42 %
Provinz57 %
Belgien 1 %

 

         Bildung oder Beruf der Opfer

                                                                                 

Grundschule 15 %
Medizinische Berufe 11 %
HEC (Haute Ecole Commerce)10 %
Technische Schulen  7 %
Schauspieler und bildende Künstler  9 %
Therapeuten 3 %
Berufliche Weiterbildung 1 %
Verschiedene 44 %

 

      

 

                                                                   Die Therapeuten 

 

Herkunft :

 

Paris43 %
Provinz57 %

 

Berufe

 

Selbsternannte Therapeuten64 %
Kinesiotherapeuten16 %
Psychologen – Psychoanalytiker10 %
Psychiater 7 %
Ärzte – Homöopathen 2 %
Berufliche Weiterbildung 1 %

Wir finden abwegige Therapeuten, die wie bestimmte sektiererische Gruppen arbeiten:

–         in geschlossenen Gruppen

–         strenge Verschwiegenheit nach außen

–         Therapiesitzungen zu horrenden Preisen

–         „finanzielle Bestrafungen“, wenn ein Gruppenmitglied dem Leiter nicht gehorcht

–         und schließlich (beinahe) die Unmöglichkeit, der Gruppe zu entkommen … ohne Druck oder Drohung der Gruppe gegenüber dem „Abtrünnigen“

 

Die abwegigen Therapeuten finden sich ebenso im Künstlermilieu und in bestimmten Schauspielermilieus. Einige Familien haben uns auf verschiedene Stellen hingewiesen.

 

Wir treffen auch Therapeuten an, die in Gruppen der beruflichen Weiterbildung arbeiten. Diese sehr kostspieligen Lehrgänge oder Seminare bieten keine Garantie der Seriosität, was die den Opfern verliehenen Diplome betrifft, aber am Ende dieser Lehrgänge, sich manchmal über Jahre hinaus erstrecken, werden bestimmte Opfer selbst zu „Therapeuten“ und verbreiten die Worte des „Meisters“ nach außen, während sie Tantiemen abliefern … während andere völlig das Realitätsbewusstsein verlieren und sich am Rande des Zusammenbruchs befinden: Selbstmordversuche und Noteinweisung in die psychiatrische Klinik.

 

Man muss wissen, dass, wenn viele Familien wegen der Anklagen ihrer Kinder Probleme mit der Justiz haben oder hatten, dies die Folge dessen ist, dass die Therapeuten ihre Opfer in diesem Sinn ermutigt haben. Das sei die „Tat“, die sie zur „Heilung“ führen wird.

 

–         Bestimmte Eltern wurden als „Zeugen“ angehört

–         Andere haben in Handschellen ihre Wohnung verlassen, wurden in polizeilichen Gewahrsam genommen, ebenso die übrige Familie, ihre Wohnungen wurden durchsucht …. schließlich erwies sich all das als haltlos.

–         Schließlich wurden andere Eltern, die Großeltern geworden waren, unter Aufsicht gestellt und lange Monate hindurch überprüft, bis zum Gerichtsverfahren, und dann freigesprochen.

 

Bis zum heutigen Tag sind keine der Eltern, die zu Unrecht von ihren Kindern angeklagt wurden, als schuldig erkannt worden.

 

Es besteht noch ein anderes Problem für die beschuldigten Familien. Auch wenn ihre Kinder sie nicht angeklagt haben, dann werden diese Eltern immer in den Augen ihrer Kinder, ihrer Familie und ihrer Umgebung „mutmaßliche Schuldige fürs Leben“ sein.

 

Für sehr betagte Eltern, sagte man uns schließlich, wenn sie krank seien und sterben würden, sei ihr größter Kummer, dass ihre Kinder nie erfahren würden, dass sie unschuldig seien…

 

Die Großeltern beunruhigen sich auch bezüglich der psychologischen Gesundheit ihrer Enkel, von denen sie schon seit langer Zeit getrennt sind. Wenn man die psychologischen Schäden an ihren Kindern sieht, dann fragen sich die Großeltern, was würde aus ihren Enkeln werden, die von der Familie und den Freunde entfernt sind und nur mit ihren Eltern oder dem Leiter der Gruppe sprechen können.

 

Derzeit wünschen bestimmte Familien eine gerichtliche Verfügung, um ihre Enkel sehen zu können; einige tun es, aber nach einer langen und schmerzhaften Prozedur, wenn sie den Fall gewonnen haben, verpflichtet nichts die Eltern, den Entscheidungen der Justiz zu folgen.

 

Die Familien fragen uns sehr oft: „Warum, wenn man den Namen des oder der abwegigen Therapeuten kennt, die unsere Kinder zerstören und sie zugrunde richten, kann man denn gegen diese nichts tun ….“

 

Bestimmte Eltern, vor Gericht freigesprochen, haben sich gegen den abwegigen Therapeuten gewendet. Sie wurden mangels Beweisen abgewiesen … und der berühmte Therapeut setzt fort, neue Opfer zu machen.

 

Seit einigen Monaten wenden sich an uns Eltern aus Belgien, der Schweiz und sogar aus Spanien. Wir müssen uns alle umstellen, um unsere Probleme beim Europäischen Parlament in Brüssel und beim Europarat in Strasbourg zu Gehör zu bringen: je zahlreicher wir sind zu reagieren, desto besser werden wir gehört werden.

 

Dafür benötigen wir von allen den guten Willen, uns die Informationen aus den jeweiligen Ländern zukommen zu lassen: was ihrem Land geschieht, um den Opfern der abwegigen und psycho-sektoiden Therapeuten und ihren Familien zur Hilfe zu kommen,

 

Unsere Vereinigung ist jung, denn sie wurde im Juli 2005 gegründet, wir haben einen weiten Weg zurückgelegt und wir müssen noch weiter gehen, um allen Familien in ihrem Schmerz und ihrer Not, in Frankreich wie in Europa, wissen zu lassen, dass die psycho-sektoiden Therapien verurteilt werden müssen.

 

A F S I – Alerte Faux Souvenirs Induits, Maison des Associations du 13, 11 rue Caillaux 75013 PARIS – Métro : Maison Blanche, Tél. : 06 81 67 10 55, mailto:Afsi.fauxsouvenirs@wanadoo.fr

 

[1] Alerte Faux Souvenirs Induits – Achtung : Induzierte Falsche Erinnerungen, Korrespondent der FECRIS,

[2] Mission interministérielle de vigilance et de lutte contre les dérives sectaires – Ständiger interministerieller Ausschuss zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten