J.P.Jougla/F.Griess: Sekten und europäische Werte

Sekten und europäische Werte

nach J.P. JOUGLA, leicht veränderte Fassung von F.Griess

Am 18. Dezember 2000 wurde in Nizza die CHARTA DER FUNDAMENTALEN RECHTE DER EUROPÄISCHEN UNION unterzeichnet. Diese Charta verweist auf die unteilbaren und universellen Werte der menschlichen Würde (Kapitel I), der Freiheit (Kapitel II).der Gleichheit(Kapitel III) und der Solidarität (Kapitel IV). Sie erinnert daran, dass die Europäische Union auf dem Prinzip der Demokratie und dem Prinzip des Rechtsstaats beruht. Sie stellt die Person in dem Mittelpunk ihrer Tätigkeit, indem sie die Bürgerschaft der Union stiftet und einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts bildet. Die Union trägt zur Erhaltung und der Entwicklung dieser gemeinsamen Wert bei. Das Vorwort dieses Dokuments stellt fest, dass es nötig ist, den Schutz der fundamentalen Rechte im Lichte der Entwicklung der Gesellschaft, des sozialen Fortschritts und der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen zu verstärken. Die Charta erinnert daran, dass die Nutznießung dieser fundamentalen Rechte  Verantwortungen und Pflichten bezüglich anderer, der menschlichen Gemeinschaft und zukünftiger Generationen mit sich bringt.

 

Dies steht in krassem Gegensatz zu Bestrebungen uns wohlbekannter Organisationen, deren Bestrebungen dem sozialen Fortschritt und der Wissenschaft diametral entgegengesetzt sind. Diese Organisationen, umgangssprachlich „Sekten“ genannt und im Folgenden zum Unterschied von der traditionellen theologischen Definition als „moderne Sekten“ bezeichnet, verletzen eine Anzahl dieser Freiheiten und fundamentalen Prinzipien, obwohl sie paradoxer Weise ihre Anwendung zu ihren Gunsten beanspruchen. Daher müssen Vereinigungen zur Hilfe für Sektenopfer in den verschiedenen Ländern der Union ihre besondere Rolle darin sehen, auf diese Verletzungen der fundamentalen Werte hinzuweisen. Die Tätigkeit moderner sektiererischer Gruppen verhöhnt tatsächlich intern unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Grundsätze der Demokratie und stellt in jedem der Länder, in denen sich  diese Gruppen festsetzen, das Prinzip des Rechtsstaats in Frage, was jedoch die Sekten selbst in keiner Weisen hindert, sich gleichzeitig eines ständigen Lobbying bei allen europäischen Instanzen zu bedienen. Hinter der vorgeschobenen Maske der „Religionsfreiheit“ geht es dort in Wirklichkeit um Macht und Unterwerfung. Dieser Aspekt, in erster Linie gegen die Würde, die Freiheit und die Gleichheit der eigenen Mitglieder gerichtet, ist oft für einen externen Beobachter nicht leicht zu durchschauen. Es muss diese daher in Bezug auf die einzelnen Kapitel der Charta gezeigt werden.

 

(Quelle: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+REPORT+A6-2007-0445+0+DOC+XML+V0//DE#title2 )

KAPITEL I
WÜRDE DES MENSCHEN

Artikel 1
Würde des Menschen

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.

Der Begriff der menschlichen Würde bezieht sich auf eine Eigenschaft, die untrennbar mit dem Wesen selbst des Menschen verbunden ist, was erklärt, dass sie die gleiche für alle ist und dass sie keine Grade erlaubt. Dieser Begriff verweist auf die Idee, die nach den Totalitarismen des zwanzigsten Jahrhunderts offensichtlich sein sollte, dass „etwas dem menschlichen Wesen zukommt aus dem einfachen Grund weil es menschlich ist“. Das bedeutet, dass jeder Mensch unbedingten Respekt verdient, welches auch immer das Alter, das Geschlecht, die körperliche oder mentale Gesundheit, die Religion, der soziale Status oder der ethnische Ursprung des betreffenden Individuums sei.

Die Hierarchisierung, welche die sektiererischen Gruppen strukturiert und wesentlich auf den Beziehungen der Macht und der Unterwerfung zwischen dem Leiter und den Anhängern beruht, beseitigt die Würde der Personen, die sich im Zustand der Unterwerfung befinden.

Der Begriff der menschlichen Würde besetzt einen bevorzugten Platz in den Texten, die sich auf die Bioethik, wie die Universale Erklärung  über das menschliche Genom und die Menschenrechte der UNESCO (1997) oder die Konvention über die Menschenrechte und die Biomedizin des Europarats (1997), beziehen. Hingegen hat eine Sekte (Raëlianer) neulich ihre finanziellen Mittel auf dem Gebiet des Klonens eingesetzt und so die Titelseiten der Medienszene während mehrerer Monate okkupiert, wobei das geklonte Kind außerdem noch, nach den eigenen Schriften des Gurus, als „biologischer Roboter“ betrachtet wurde.

Artikel 2
Recht auf Leben

(1) Jede Person hat das Recht auf Leben.

In diesem Punkt ist das Inventar der kollektiven Dramen der gegenwärtigen Sektentätigkeit erbaulich. Rituelle Morde, Reinigungstötungen, fortschreitende kollektive Selbstmorde, individuelle Selbstmorde illustrieren die traurigen apokalyptischen Konzepte der millenaristischen Sekten:

·        November 1978: Tempel des Volkes (Guyana): 914 Anhänger töten sich auf Befehl ihres „Reverend“ Jim Jones, der sich als Reinkarnation von Lenin, Jesus Christus und Buddha erklärt..

 

  • 19. September 1985: der Hohepriester eines Stammes der Insel Mindanao (Philippinen) veranlasst 60 seiner Anhänger, ein tödliches Getränk zu konsumieren.

 

  • 1. November 1986: sieben Leichen von Frauen, welche der Kirche der Freunde der Wahrheit (Japan) angehörten, werden verkohlt an einem Strand gefunden..

 

  • August 1987: nachdem sie unzureichende Mengen von Gift zu sich genommen hatten, wurden 32 Anhängern der „Priesterin“ Park Soon-ja (Südkorea) in derNähe von Seoul die Kehlen durchschnitten.

 

  • Dezember 1991: 30 Mitglieder einer mexikanischen Sekte begehen Selbstmord.

 

  • 19. April 1993: Sekte der Davidianer (Texas) – der Guru David Koresh kommt mit 87 seiner Anhänger im Inferno von Waco um.

 

  • Oktober 1993: Orden der Sonnentempler – 48 verkohlte Leichen, darunter die der Gurus Joseph Di Mambro und Luc Jouret, werden in der Schweiz gefunden und fünf andere in Québec.

 

  • 20. März 1995: Sekte Aum Shinrikyo (höchste Wahrheit, Japan) – 11 Tote und mehr als 5000 Verletzte werden nach einem Attentat mit dem Gas Sarin in der Untergrundbahn von Tokio gezählt. Der Guru Shoko Asahara ist unter den Verhafteten.

 

  • Dezember 1995: Orden der Sonnentempler (Grenoble) – 16 Leichen werden entdeckt. Zwei französische Polizisten sind unter den Opfern.

 

  • 23. März 1997:  Orden der Sonnentempler – 5 verkohlte Leichen werden im Haus eines Anhängers in Québec gefunden.

 

  • 26.-27. März 1997: Heaven’s Gate (Kalifornien, USA) – 39 Mitglieder der Sekte begehen Selbstmord, um sich an Bord eines UFO in Richtung Paradies einzuschiffen.

 

  • 17. März 2000: Bewegung zur Wiederherstellung der zehn Gebote Gottes (Uganda) – nahezu 1000 Opfer werden gezählt. Die Gurus der Sekte (Credonia Mwerinde und Joseph Kibwetere) sind auf der Flucht.

 

Aber diese Liste soll nicht die vielen einzelnen Tötungen vergessen machen, die durch die schlechte Behandlung von Mitgliedern dieser geschlossenen Gruppen inmitten der Öffentlichkeit verursacht wurden.

(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.

Dennoch sprechen gewisse Sekten bisweilen diese Art von Verurteilung gegen Personen aus, die sie als „unterdrückerisch“ oder schädlich qualifizieren, wie dies zum Beispiel beim Orden der Sonnentempler oder bei Aum Shinrikyo der Fall war. Auch Scientology spricht ja davon, dass solche Personen „vernichtet“ werden dürfen und die Zeugen Jehovas wünschen immerhin, dass dies mit allen Menschen geschieht, die nicht bei ihnen Mitglied sind.

Artikel 3
Recht auf Unversehrtheit

(1) Jede Person hat das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.

(2) Im Rahmen der Medizin und der Biologie muss insbesondere Folgendes beachtet werden:

  • die freie Einwilligung der betroffenen Person nach vorheriger Aufklärung entsprechend den gesetzlich festgelegten Modalitäten,
  • das Verbot eugenischer Praktiken, insbesondere derjenigen, welche die Selektion von Personen zum Ziel haben,
  • das Verbot, den menschlichen Körper und Teile davon als solche zur Erzielung von Gewinnen zu nutzen,
  • das Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen.

Auch hier sei wieder auf die Raëlianer verwiesen.

Artikel 4
Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung

Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Hier sei an die Straflager (Project Rehabilitation Force) von Scientology erinnert, an die vielen fundamentalistischen Gruppen, die unter Missachtung staatlicher Gesetze weiterhin an der körperlichen Züchtigung ihre Kinder festhalten, oder andere Gruppe, die meinen, müsse eine „Reinigung“ des Geistes durch eine „Reinigung“ des Körpers bewirken.

Artikel 5
Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit

(1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.

(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.

(3) Menschenhandel ist verboten.

Die Ausbeutung von Menschen unter dem Vorwand der angeblichen freiwilligen Dienstbereitschaft ist in solchen Gruppen weit verbreitet. An Menschenhandel grenzt es, wenn zum Beispiel in der Moon-Bewegung Menschen auf Grund eines Fotos über Kontinente hinweg verheiratet oder Kinder an fremde Familien „verschenkt“ werden.

Artikel 6
Recht auf Freiheit und Sicherheit

Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit.

Dieses so fundamentale Recht wird jedoch als Ergebnis eines Prozesses der Huldigung des Willens des Gurus und seiner Doktrin aufgegeben. Völlige Huldigung, die alle Facetten des Lebens des Sektenanhängers einschließt.

Artikel 7
Achtung des Privat- und Familienlebens

Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation.

Artikel 8
Schutz personenbezogener Daten

(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken.

(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.

Moderne Sekten praktizieren häufig den „Kult des Geständnisses“, in dem die Mitglieder ihr inneres Leben völlig offen legen müssen, was dann zu ihrer Erpressung benützt werden kann.

Artikel 9
Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen

Das Recht, eine Ehe einzugehen, und das Recht, eine Familie zu gründen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen gewährleistet, welche die Ausübung dieser Rechte regeln.

Innerhalb sektiererischer Gruppen wird Eheschließung entweder verboten oder von oben her streng geregelt. (Der mögliche Einwand, auch katholischen Priestern und Ordensangehörigen sei die Ehe verboten, ist insofern nicht gerechtfertigt, als es im Gegensatz zu jenen Sekten, welche die Ehe verbieten, nach katholischer Lehre nicht heilsnotwendig ist, Priester zu sein oder einem Orden beizutreten.)

Artikel 10
Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit

(1) Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen.

Um diese Art von Freiheit ausüben zu können, ist es innerhalb der Gruppe, von der der Einzelne abhängt, notwendig, alles für die Entfaltung einer wahrhaften Freiheit zu tun, was zugunsten des Einzelnen  eine Öffnung, einen Austausch, einen Dialog, einen kritischen Geist, eine Möglichkeit des Infragestellens beinhaltet. All dies ist innerhalb der modernen Sekten nicht gegeben.

 

Das Paradoxe besteht in dem Umstand, dass die Sekten im Sinne der Gruppenstruktur diese den Einzelnen schützenden Freiheiten für sich selbst als  soziale Gruppe fordern und so eine Umkehrung der eigentlichen Werte betreiben, die durch die europäische Charta geschützt sind.

Artikel 11
Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit

(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.

Innerhalb moderner Sekten hat nur die Meinung des Leiters Existenzberechtigung und er ist die „Behörde“, die Eingriffe vornimmt.

Artikel 12
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

(1) Jede Person hat das Recht, sich insbesondere im politischen, gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich auf allen Ebenen frei und friedlich mit anderen zu versammeln und frei mit anderen zusammenzuschließen, was das Recht jeder Person umfasst, zum Schutz ihrer Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.

(2) Politische Parteien auf der Ebene der Union tragen dazu bei, den politischen Willen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen.

Diese Versammlungsfreiheit, um ein eigenes Interesse zu verteidigen, ist innerhalb der sektiererischen Gruppe undenkbar. Die Mitwirkung in politischen Parteien ist zum Beispiel bei den Zeugen Jehovas untersagt.

 

Artikel 13
Freiheit von Kunst und Wissenschaft

Kunst und Forschung sind frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.

Die moderne Sekte erlegt im Inneren ihrer ideologischen Grenzen jedem Gruppenmitglied ein doktrinäres Gefängnis auf, das sich stets durch eine unvorstellbare Armut in jenen Gebieten auszeichnet, auf die Artikel 13 verweist.

 

Artikel 14
Recht auf Bildung

(1) Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung.

(2) Dieses Recht umfasst die Möglichkeit, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen.

(3) Die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren eigenen religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen geachtet, welche ihre Ausübung regeln.

 

Viele moderne Sekten erachten Bildung für überflüssig oder sogar schädlich, entweder weil der Weltuntergang angeblich ohnehin unmittelbar bevorsteht oder weil „weltliche Bildung“ den Fortschritt auf  geistlichem Gebiet hemmt.

Artikel 17
Eigentumsrecht

(1) Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Geistiges Eigentum wird geschützt.

Dieses Eigentumsrecht wird in einer Anzahl von Sekten oft in Frage gestellt, wenn die Leiter den Verzicht auf Eigentum zu ihren Gunsten verlangen, ohne einen anderen Gegenwert als den illusorischer Versprechungen.

 

(Bezüglich eines möglichen Einwands siehe Artikel 9).

KAPITEL III
GLEICHHEIT

Artikel 20
Gleichheit vor dem Gesetz

Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich.

In den meisten modernen Sekten gelten strenge Hierarchien: die höheren Ränge haben Privilegien vor den niederen Rängen, zum Beispiel mit der Begründung, sie seien schon „gefestigter“.

Artikel 21
Nichtdiskriminierung

(1) Diskriminierungen, insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung, sind verboten.

(2) Im Anwendungsbereich des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union ist unbeschadet der besonderen Bestimmungen dieser Verträge jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

Die Ideologie moderner Sekten beruht auf der Gewissheit eines Elitismus der sektiererischen Gruppe, der sich durch ein Sendungsbewusstsein auszeichnet, das sie von einer äußeren diabolisierten Gesellschaft unterscheidet. Fallweise wird auch die Überlegenheit eines bestimmten Volkes verkündet, wie zum Beispiel die des koreanischen Volkes bei der Moon-Bewegung oder die De-Facto-Überlegenheit des norwegischen Volkes bei den „Smiths Freunden“, bei denen trotz starker internationaler Verbreitung alle Spitzenpositionen durch Norweger besetzt sind.

Artikel 22
Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen

Die Union achtet die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen.

Diese kulturelle, religiöse und sprachliche Vielfalt wird durch die modernen Sekten systematisch unterdrückt, da sie sich darauf verstehen, ihre Mitglieder entsprechend einer Gruppenuniformität zu bilden, die das Ziel hat, den Anhänger seinem ursprünglichen Milieu zu entfremden.

Artikel 23
Gleichheit von Männern und Frauen

Die Gleichheit von Männern und Frauen ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen. Der Grundsatz der Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen.

Sekten mit fundamentalistischem Gehorsamsverständnis geben den männlichen Anhängern den Vorrang vor den weiblichen. Dies trifft allerdings auch für die katholische Kirche zu.

Artikel 24
Rechte des Kindes

(1) Kinder haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. Sie können ihre Meinung frei äußern. Ihre Meinung wird in den Angelegenheiten, die sie betreffen, in einer ihrem Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt.

(2) Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.

(3) Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.

Zahlreiche Beispiele zeigen, dass die Rechte des Kindes, das selbst Kind eines Anhängers ist, der in einer kindlichen Beziehung zu seinem Guru  gehalten wird, durch die modernen Sekten bezüglich jedes der 3 Aspekte des Artikels 24 verhöhnt werden.

Artikel 25
Rechte älterer Menschen

Die Union anerkennt und achtet das Recht älterer Menschen auf ein würdiges und unabhängiges Leben und auf Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben.

Artikel 26
Integration von Menschen mit Behinderung

Die Union anerkennt und achtet den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft.

Ältere oder behinderte Menschen sind in modernen Sekten oft weniger wert, weil sie nicht oder nicht genügend zur Ausbreitung und/oder zum Eigentumserwerb der Sekte beitragen können.

KAPITEL IV
SOLIDARITÄT

Artikel 32
Verbot der Kinderarbeit und Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz

Kinderarbeit ist verboten. Unbeschadet günstigerer Vorschriften für Jugendliche und abgesehen von begrenzten Ausnahmen darf das Mindestalter für den Eintritt in das Arbeitsleben das Alter, in dem die Schulpflicht endet, nicht unterschreiten. Zur Arbeit zugelassene Jugendliche müssen ihrem Alter angepasste Arbeitsbedingungen erhalten und vor wirtschaftlicher Ausbeutung und vor jeder Arbeit geschützt werden, die ihre Sicherheit, ihre Gesundheit, ihre körperliche, geistige, sittliche oder soziale Entwicklung beeinträchtigen oder ihre Erziehung gefährden könnte.

In einer Anzahl von modernen Sekten wird das Kind nicht als Kind im normalen Sinn aufgefasst, es genießt keine der schützenden Maßnahmen, welche die Zivilgesellschaften eingeführt haben, sodass dass es häufig Gegenstand von Ausbeutung aller Art, darunter körperlicher und auch sexueller Ausbeutung wird.

 

Bei Scientology ist das Kind ein Erwachsener in einem „kleinen Körper“. Bei den „Smiths Freunden“ werden Minderjährige oft jahrelang als „freiwillige Helfer“ beim Bau von Versammlungszentren benutzt und so eine Berufsausbildung zumindest verzögert.

Artikel 33
Familien- und Berufsleben

(1) Der rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familie wird gewährleistet.

(2) Um Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang bringen zu können, hat jede Person das Recht auf Schutz vor Entlassung aus einem mit der Mutterschaft zusammenhängenden Grund sowie den Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub und auf einen Elternurlaub nach der Geburt oder Adoption eines Kindes.

Die „Sektengesellschaft“ bildet die sozialen Bindungen neu, und häufig werden die familiären Bindungen zugunsten von Phantasiebindungen geleugnet, die durch eine konstruierte Genealogie rund um angebliche Bindungen auf Grund früherer Reinkarnationen behauptet werden.

 

Die Moon-Bewegung propagiert das Verschenken von Neugeborenen. Sahaja Yoga entfremdet die Kinder schon von klein auf ihren Eltern.

Artikel 34
Soziale Sicherheit und soziale Unterstützung

(1) Die Union anerkennt und achtet das Recht auf Zugang zu den Leistungen der sozialen Sicherheit und zu den sozialen Diensten, die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall, Pflegebedürftigkeit oder im Alter sowie bei Verlust des Arbeitsplatzes Schutz gewährleisten, nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.

(2) Jede Person, die in der Union ihren rechtmäßigen Wohnsitz hat und ihren Aufenthalt rechtmäßig wechselt, hat Anspruch auf die Leistungen der sozialen Sicherheit und die sozialen Vergünstigungen nach dem Gemeinschaftsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.

(3) Um die soziale Ausgrenzung und die Armut zu bekämpfen, anerkennt und achtet die Union das Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen, nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.

Artikel 35
Gesundheitsschutz

Jede Person hat das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Bei der Festlegung und Durchführung aller Politiken und Maßnahmen der Union wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt.

Manche Sekten lehnen ärztliche Betreuung generell ab, andere verbieten bestimmte Arten davon. Häufig werden unerprobte so genannte „alternative Medizinen“ oder magische Konzepte den wissenschaftlich erforschten und bewährten Methoden vorgezogen.

Artikel 38
Verbraucherschutz

Die Politiken der Union stellen ein hohes Verbraucherschutzniveau sicher.

Das, was die Soziologen „Markt des Spirituellen“ oder „Psychomarkt“ nennen, ein Markt, der immerhin eine gewisse  kommerzielle Aktivität erzeugt, ist derzeit in der Union durch keinerlei Reglementierung geschützt.

KAPITEL V
BÜRGERRECHTE

Jene Texte, die den Einzelnen zum Bürger machen und das Individuum schützen sollen, werden von den sektiererischen Gruppen dazu benützt, um zu ihren Gunsten ein Lobbying bei den Institutionen auszuüben. Daher sollte Europäische Union auf dieser Ebene das Funktionieren der modernen Sekten genauestens überprüfen

Artikel 39
Aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament

(1) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger besitzen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, wobei für sie dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.

(2) Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl gewählt.

Artikel 40
Aktives und passives Wahlrecht bei den Kommunalwahlen

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger besitzen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen, wobei für sie dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.

Artikel 41
Recht auf eine gute Verwaltung

(1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen und Einrichtungen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden.

(2) Dieses Recht umfasst insbesondere

  • das Recht einer jeden Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird;
  • das Recht einer jeden Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des legitimen Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses;
  • die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.

(3) Jede Person hat Anspruch darauf, dass die Gemeinschaft den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ersetzt, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

(4) Jede Person kann sich in einer der Sprachen der Verträge an die Organe der Union wenden und muss eine Antwort in derselben Sprache erhalten.

Artikel 42
Recht auf Zugang zu Dokumenten

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht auf Zugang zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission.

Artikel 43
Der Bürgerbeauftragte

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, den Bürgerbeauftragten der Union im Fall von Missständen bei der Tätigkeit der Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft, mit Ausnahme des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz in Ausübung ihrer Rechtsprechungsbefugnisse, zu befassen.

Artikel 44
Petitionsrecht

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, eine Petition an das Europäische Parlament zu richten.

Artikel 45
Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit

(1) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.

(2) Staatsangehörigen dritter Länder, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten, kann gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit gewährt werden.

Artikel 46
Diplomatischer und konsularischer Schutz

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger genießen im Hoheitsgebiet eines Drittlandes, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nicht vertreten ist, den Schutz der diplomatischen und konsularischen Stellen eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige dieses Staates.

KAPITEL VI
JUSTIZIELLE RECHTE

Artikel 47
Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht

Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen. Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.

Die Europäische Union und ihre Mitgliedsländer sollten sich mit den sekteninternen richterlichen Strukturen befassen, welche die Grundsätze des Artikels 47 und der folgenden Artikel verhöhnen

Artikel 48
Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte

(1) Jede angeklagte Person gilt bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig.

(2) Jeder angeklagten Person wird die Achtung der Verteidigungsrechte gewährleistet.

Artikel 49
Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen

(1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere Strafe als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden. Wird nach Begehung einer Straftat durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt, so ist diese zu verhängen.

(2) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass eine Person wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt oder bestraft wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach den allgemeinen, von der Gesamtheit der Nationen anerkannten Grundsätzen strafbar war.

(3) Das Strafmaß darf gegenüber der Straftat nicht unverhältnismäßig sein.

Artikel 50
Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden

Niemand darf wegen einer Straftat, derentwegen er bereits in der Union nach dem Gesetz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder bestraft werden.

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Jede der Vereinigung in der Union zur Unterstützung von Sektenopfern sollte bei den europäischen Institutionen die festgestellten Verletzungen der Grundsätze der menschlichen  Würde, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität, sowie des Grundsatzes der Demokratie und desRechtsstaates vorbringen können, Verletzungen, die dem Funktionieren und den Grundsätzen, welche moderne Sekten beherrschen, inhärent sind.